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Filmbesprechung: Die leisen und die grossen Töne - En Fanfare

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Diethelm R.
Filmbesprechung: Die leisen und die grossen Töne - En Fanfare

Details

Liebe Filmliebhaber

16. 00 Kochen
17. 30 gemeinsames Essen
20.00 Filmbesprechung

Wir besprechen den 104-minütige französische Film «Die leisen und die grossen Töne (En Fanfare)» aus dem Jahr 2024
Das Drehbuch stammt von Emmanuel Courcol und Irène Muscari. Regie führte Emmanuel Courcol

Ich freue mich über jeden, der kommen kann und Freude am gemeinsamen Besprechen hat.

Hier eine kurze Beschreibung:

In der feinfühligen Tragikomödie «Die leisen und die grossen Töne» befreunden sich Thibault und Jimmy, zwei Männer im mittleren Alter aus ganz verschiedenen sozialen und Bildungs-Milieus. Thibault ist ein weltberühmter und wohlhabender Dirigent in Paris, Jimmy ein armer Kantinenkoch im strukturschwachen Norden Frankreichs, der in einem Blasorchester spielt. Anlass für diese Freundschaft ist die Leukämieerkrankung von Thibault, der nach einem guten Spender für eine Knochenmarktransplantation sucht. Da seine Familie dafür nicht infrage kommt, erfährt er, dass er adoptiert ist und einen leiblichen Bruder hat: Das ist Jimmy, der ebenfalls adoptiert wurde.

Der Filmemacher versucht vor allem, die Welt einer kleinen abgehobenen Schicht und die Welt des normalen Bürgers einander emotional näher zu bringen und ein immer grösseres Verständnis füreinander zu entwickeln. Thibault hat anfangs einen Klassendünkel und eine emotionale Distanz zu Jimmy und die normale Alltags-Welt. Erst mit der Zeit begegnet er Jimmy auf Augenhöhe. Jimmy empfindet den elitären Thibault als bourgoisen Eindringling. Der Filmemacher glaubt daran, dass sich die meistens ganz getrennten Welten zum gemeinsamen Wohl verbinden lassen. Das kann möglich werden, wenn ein Wunsch dafür entsteht, sich menschlich beieinander zu finden und sich füreinander zu interessieren und zu empfinden, dass jeder andere Menschen genauso viel wert ist wie man selbst.

Zufällig finden Jimmy und Thibault eine Gemeinsamkeit, durch die sie eine Freundschaft aufbauen können: Beide sind von der Jazzmusik begeistert und sind fähig, sich darin gegenseitig immer mehr wertzuschätzen, aufeinander zuzugehen, sich gemeinsam (am Klavierspiel) zu erfreuen, dem anderen eine Freude zu machen und die Fähigkeiten des anderen zu erkennen und zu benennen. Dabei werden sie menschlich gleichwertig.

Thibault hat sehr vieles nicht gelernt, was die normalen Bürger für das alltägliche und ungekünstelte Leben selbstverständlich entwickelt haben: Er hat zum Beispiel keinen Fahrausweis, kann kein Auto reparieren oder etwas Gutes kochen, braucht keine Freundschaften, da er sich alles erkauft. Er hat es schwer, mit Fehlern umzugehen und strebt nach individueller Perfektion, als Komponist, Dirigent, Höfigkeit wie in seiner Kleidung – dasselbe machen die auf das Hervorstechen ausgerichteten Mitglieder des Orchesters. Jimmy lebt in der üblichen fehlerhaften Alltagskultur, symbolisiert im Blasorchester der Arbeiter, in dem es keine Perfektion gibt, dafür umso mehr ein direkter, familiärer Umgang, so dass sich alle einigermassen sozial beheimatet fühlen können.

Jimmy ist von einer gefühlvollen Adoptiv-Mutter erzogen worden. Doch ist er unsicher, wie bedeutungsvoll er für andere ist und schreckt davon zurück, anspruchsvollere Aufgaben anzugehen. Je mehr sie sich einander annähern und Thibault sich in die soziale Realität hineindenkt, umso mehr ermutigt Thibault seinen Freund und Bruder, über sich hinauszuwachsen. Thibault erkennt immer mehr, welche Schwierigkeiten die Deindustrialisierung in Nordfrankreich mit sich bringt. Er unterstützt die Menschen in ihrem Einsatz für den Erhalt von Arbeitsplätzen, weil er sich immer mehr mit ihnen verbunden fühlt.

Er erkennt immer besser, dass die Menschen im Blasorchester in ihrem sozialen Miteinander ganz eigenständig und eigenwillig und faszinierend sind, die sich weniger herumdirigieren lassen als die sich besser Fühlenden im klassischen Orchester in Paris.

Jimmy versucht, individuell und ohne die anderen, über sich hinauszuwachsen und seine soziale Situation für sich alleine zu verbessern, indem er auf die andere – bewunderte - Seite wechseln will. Er muss mit Hilfe einer Freundin erkennen, dass es jahrelanges einsames Üben von Jung an bräuchte, um in der elitären Welt (in einem klassischen Orchester) mitspielen zu können. Jimmy ist enttäuscht und verzweifelt, dass er seine soziale Situation und seine Schwächegefühle dadurch nicht verbessern kann. Er sieht, dass er mit der Adoption einen Lebensweg einschlagen musste, der nicht dieselben sozialen und materiellen Möglichkeiten ergibt.

Und kann erkennen, dass er und seine Freunde mit ihren persönlichen und besonderen Fähigkeiten, sich mit anderen gut zu verbinden, das Leben gleichwertig mitgestalten kann und nicht dem Schicksal ausgeliefert ist. So kann er eine Brüderlichkeit ausleben, indem symbolisch das Blasorchester - nach der Aufführung des klassischen Orchesters in Paris - mit dem an die Fabrikarbeit angelehnten Bolero von Ravel eine Brüderlichkeit und eine Verständigung unter gleichen Menschen entstehen kann.

Grossartig vermitteln die zwei Brüder mit ihrem feinfühligen Spiel unter äusseren Gegensätzlichkeiten eine zunehmende innere Nähe.

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